Die Frankfurter Buchmesse

Oder auch: Kapitulation vor der Sardinenbüchse

Die größte Fachmesse für Literatur. Fünf Tage, ein riesiges Messegelände, Verlage aus aller Welt und jede Menge Literaturbegeisterte: Zum 71. Mal fand die Frankfurter Buchmesse statt und verzeichnete im Jahr 2019 ein deutliches Besucherplus.
1,8 Prozent an den Fachbesuchertagen (Mittwoch bis Freitag), 9,2 Prozent an den offenen Tagen (Samstag und Sonntag). Insgesamt kamen 302 267 Menschen – was immerhin 5,5 Prozent mehr als im Vorjahr waren (Die offiziellen Zahlen findet ihr HIER).
Der Beweis, dass die Bücherbegeisterung nicht nachlässt – und eigentlich ein Grund sich zu freuen. Leider sind aber genau diese Zahlen auch ein Punkt, der mir Sorgen bereitet hat. Sogar noch ehe ich sie im Detail kannte.

Aber von vorne: Die drei Fachbesuchertage waren voller Begegnungen, neuer Ideen und toller Gespräche. Auch hier war schon einiges los, viele Menschen in den Hallen, aber es fand sich immer ein Weg, wenn es schnell von Termin zu Termin oder in einer kurzen Pause zur Toilette gehen musste.

An den beiden Wochenendtagen sah es dann anders aus. Zum ersten Mal war der Verkauf bereits Samstags geöffnet. Anders wie bei Messen mit einer zentralen Verkaufsstelle hatte in Frankfurt jeder Stand seine eigene Kasse. Also gab es bei jedem eine eigene Schlange. Dazu kamen die Signierstunden. Auch hier: Jede bei ihrem Verlag, keine ausgelagerten Signierzelte (etwa auf der Agora zwischen den Hallen). So passierte es durchaus, dass in einem Gang zwei Bestseller bei unterschiedlichen Verlagen zur gleichen Zeit zum Unterschreiben paratsaßen und alleine die Schlangen zu ihnen den Gang fast komplett füllten. Dazu die Laufkundschaft. Es gab kein Durchkommen mehr. Besonders auf den Kreuzungen zwischen den Gängen steckten die Leute schnell ohne Chance auf ein Vorwärtskommen fest. Besonders schlimm war es in den Hallen mit den großen Publikumsverlagen in den Hallen 3 und 4. So überfüllt, dass an den Rolltreppen Security-Personal postiert wurde, das den Ansturm regelte. Einfach weil schon im jeweiligen Foyer so viel los war, dass es nicht verantwortbar war, mehr Leute hineinzulassen. Richtig schlimm war es wohl für Menschen mit Behinderung oder kleinen Kinder und Eltern mit Kinderwagen. Gerade am Samstag machte es auf mich den Eindruck, die Messe war von der Menge überfordert. Auch im Nachhinein bin ich der Meinung: für die kommenden Jahre sollte ein Konzept erarbeitet werden, den Andrang besser zu verteilen. Etwa die Messe auf weitere Hallen ausdehnen (Halle 1 war z.B. geschlossen), Verkäufe und Signierstunden auslagern o.ä.

Was mich außerdem geschockt hat, war der Umgang mit den Büchern. Aufwändig dekorierte Präsentationstische und Regale wurden durchwühlt wie die Aktionsecke bei Discountern. Bücher lagen am Boden, wurden nicht aufgehoben und mit Füßen getreten, Andere wurden beschädigt, Seiten rissen, Einbände verknickten und manche verschwanden einfach ganz in den Taschen dreister Leute.

Nach zwei Stunden saß ich samstags mit dem Gedanken draußen auf einer Mauer, nach Hause fahren zu wollen. Am besten auf der Stelle. Kapitulation von dem Messechaos, die mit den bereits vereinbarten Terminen natürlich nicht umzusetzen war. Außerdem entsprach das auch nicht meinem Plan. Ich hatte Übernachtungen bis Montag gebucht, die Rückfahrt auf den Montag Vormittag gelegt. Den Sonntag als Terminfrei eingetragen. Also ging der Tag weiter, aber der Gedanke abzubrechen ließ mich nicht los. Ich habe lange gegrübelt,  gehardert und nach Messeschluss schließlich ein neues Zugticket gebucht. Am Sonntag war ich nicht mehr auf der Messe. Ein schlechtes Gewissen habe ich trotzdem. Genau wie einen Entschluss für das kommende Jahr: Keine Privatbesuchertage mehr für mich. 2020 werde ich nur Mittwoch bis Freitag da sein.

So hatte die FBM19 für mich also tolle, aber eben auch unschöne Seiten, aus denen ich meine Konsequenzen ziehen werde. Schade, denn die vielen tollen Menschen aus der Bücherbubble zu treffen ist natürlich etwas ganz besonderes.